Category: 2013 NORDKAPP


60 km / 250 hm / 4:44 h – Gesamt 902 km / 3774 hm / 53:34 h

Göteborg mit dem Rad in alle Richtungen zu befahren ist sehr einfach. Die Stadt ist perfekt beschildert und mit Fahrradspuren ohne Ende ausgestattet.

Rund um den riesigen Hafen muss man schon ein echter Industrie-Freak sein. Einen Gruß aus der Heimat konnte ich dabei allerdings nicht übersehen.

Cool war es über die Älvsborgsbron zu fahren, die das Tor zum Hafen darstellt und fast einen Kilometer Spannbreite hat.

Einen Großteil des Nachmittags haben ich in dem sehr schönen Park Slottskogen verbracht, das ist quasi der Englische Garten von Göteborg und bietet Läufern, Inlinern und Radfahrern alle Möglichkeiten sich zu bewegen.

Göteborg hat sich mir in den zwei Tagen nicht so erschlossen, wie seinerzeit Porto oder Danzig und Helsinki im vergangenen Jahr, trotz der rund 60 km die ich in der Stadt herumgeradelt bin.

Was mir hier in Göteborg aufgefallen ist, die Schweden telefonieren noch leidenschaftlicher als die Italiener, kaum eine(r), die (der) nicht mit dem Stöpsel im Ohr vor sich hinplappernd unterwegs ist, egal ob im Supermarkt oder auf der Straße. Sportkleidung und Turnschuhe (Nike Free) sind vor allem bei den Damen total angesagt, unabhängig davon, ob man tatsächlich sportlich unterwegs.

Morgen mache ich mich auf den Weg, habe heute gemerkt, dass mir zwei Tage Großstadt aktuell genug sind.

 

Nach sehr angenehmer und ruhiger Überfahrt bin ich pünktlich in Göteborg angekommen. Meine Kabine teilte ich mir mit einem sehr netten norwegischen Motorradfahrer, der gerade von einem Motorradtrip von Molde nach Istanbul auf dem Heimweg ist. Es beruhigt mich immer, dass es auch in anderen „Disziplinen“ Verrückte gibt.

 

Wie es sich gehört bin ich als einziger Radler auf der Riesenfähre als Erster aus dem Rumpf hinausgefahren.

In aller Ruhe bin ich am Kai entlang in Richtung Zentrum geradelt, habe mich mit schwedischen Kronen eingedeckt (100 skr = rd. 10 €) und mir erstmal in einem gemütlichen Café ein kleines Frühstück gegönnt.

Der nächste Tagesordnungspunkt war die Quartiersuche. Meine Internetrecherche führt mich auf die Seiten der sogenannten „Vandrarheme“, ' das ist in Schweden eine gelungene Mischung aus Hotel, Hostel und Jugendherberge.

Ziemlich zentrumsnah habe ich mich für zwei Nächte im „Slottskogens Vandrarhem“ einquartiert. Ich habe ein prima Zimmer (nagelneu), die Leute sind total nett und alles drumherum ist sehr passend. Es ist lange her, dass ich mein Bett selbst bezogen habe, hat aber geklappt (ich war schließlich bei der Bundeswehr).

Pfingstmontag gibt es in Schweden wohl nicht, die Leute gehen alle ihrer Arbeit nach. Auf einer ersten Runde durch die Stadt (rd. 500 Tsd. Einwohner) habe ich mir mit dem Rad einen groben Überlick verschafft. Die Stadt kann man wohl eindeutig als maximal fahrradfreundlich bezeichnen, breiteste Radspuren und absolute Vorfahrt. Die Autofahrer gucken ganz merkwürdig, wenn man zögerlich an einen Übergang heranfährt. Na ja, sicher ist sicher, da gucke ich lieber zweimal.

Zum Ullevi-Stadion musste ich natürlich auch, wer von den Lesern weiß, welche schwedische Fußballlegende als Denkmal vor dem alten Stadion steht, hat nach meiner Rückkehr einen Capuccino verdient (den kennen wahrscheinlich nur noch die „Alten“).

 

68 km / 337 hm / 4:03 h – Gesamt 842 km / 3524 hm / 48:50 h

Es ist vollbracht. Die „deutsche Etappe“ – quasi ein Viertel des Ganzen – ist zu Ende und das Abenteuer Skandinavien beginnt in Kürze.

Ich bin in Kiel am Schwedenkai angekommen, habe auf der Stena Line eingecheckt, ab 17 Uhr ist Boarding und um 18:45 Uhr geht es ab nach Göteborg. Das coole ist, dass man mit dem Rad an der ganzen Autoschlange vorbeifährt und so ziemlich als erster das riesige Schiff betritt. Gespannt bin ich, mit wem ich meine „Shared Cabin“ teilen darf.

Meine Erkältung hat sich jetzt vom Husten zum nachhaltigen Schnupfen gemausert, kein Wunder bei dem Wetter. Heute wieder tolle 11 Grad und grau in allen Schattierungen, aber wie prophezeit blieb es trocken.

Wie immer wenn ich eine kurze Strecke vor mir habe komme ich schwer in die Gänge. Etwa bei der Hälfte in Aukrug gab es ein ganz schnuckeliges Antik-Café und da musste ich stoppen. Die Lady war super nett und wollte alles zu meiner Tour wissen. Noch netter (besser) war die Eierlikörtorte. Mit diesem Kalorienschub im Bauch war Kiel dann kein Kunststück mehr.

Das mächtige Schiff liegt schon startbereit am Kai. Meine Online-Buchung von gestern Abend wurde professionell in eine Bordkarte umgesetzt und mir bleibt jetzt genug Zeit in einem Starbucks meine Internet-Hausaufgaben zu machen.

Vorgestern hatte mir die Telekom ja das Tempo gedrosselt und da macht das Nutzen des Internets keine Freude mehr. Täglich zwei Zeitungen online und dazu diverse Recherchen und das Bloggen Lasten einen Normaltarif schnell aus. Ab morgen arbeite ich dann auf meiner Telia-Karte, die mir der „Honigbrummler“ aus Schweden mitgebracht hat. Mal sehen, ob das Volumen bis ganz nach oben reicht.

Gottseidank ist Starbucks weltweit der Retter aller Online-Freaks. Ich erinnere mich an lange Stunden mit meinem Sohn in einem Starbucks in Lima vor zwei Jahren.

Das nächste Mal melde ich mich aus Göteborg.

 

78 km / 320 hm / 5:03 h – Gesamt 774 km / 3187 hm / 44:47 h

Bis Kiel sind es noch rund 160 km und es war klar die werden in zwei Teile geteilt. Also ganz gemütlich gut gefrühstückt und gleich rein in die volle Regenmontur. Stade an einem total verregneten Pfingstsamstag war nicht so der „Brüller“ und nach einem Capuccino zum Aufwärmen ging es weiter zum Tageshighlight.

Das Erreichen der Elbe mit anschließender Überquerung mittels Fähre von Wischhafen nach Glückstadt.

Es war nicht ganz die Breite wie vor zwei Jahren am Rio de La Plata von Buenos Aires nach Montevideo, 25 Minuten waren es dann doch und die können ganz schön lang sein, bei 11 Grad auf dem Deck.

In Glückstadt habe ich kaum eine Menschenseele an diesem Samstagnachmittag auf der Gasse gesehen, also noch ein Capuccino und die innere Entscheidung gegen 16 Uhr ist heute Feierabend.

Nässe und Kälte waren eigentlich auch ausreichend, obwohl ich sagen muss, meine Investition in Regenjacke und -hose von Endura hat sich schon bewährt. Nur mit den Handschuhen bin ich noch nicht optimal versorgt, da muss ich vielleicht mal in Göteborg gucken, ob ich eine bessere Lösung finde.

In Itzehoe habe ich es wahr gemacht und bin in einem der hier typischen Landgasthöfe abgestiegen. Den frühen Feierabend habe ich genutzt um mein Rad ein bisschen zu pflegen und der Kette etwas Öl zukommen zu lassen.

Morgen steht die Schlußetappe in Deutschland nach Kiel an und dann der Transfer über Nacht nach Schweden. Meine recht zuverlässige Wetter-App bringt morgen zwar keine Sonne aber Trockenheit, das wäre ja auch schon ganz schön.

 

130 km / 306 hm / 7:33 h – Gesamt 695 km / 2867 hm / 39:44 h

Nach einem heftigen Gewitter vergangene Nacht war heute morgen alles feuchtigkeitsschwanger mit tiefhängenden grauen Wolken, die mich schier erdrückten. Dazu Temperaturen im eher unteren Komfortbereich beim Radfahren (um die 12 Grad) die mich nicht gerade motivierten.

Die Strecke tat lange Zeit ihr Übriges dazu, völlig langweilig durch Felder ohne Ende. Etwas Abwechslung brachten riesige Schweinezuchtbetriebe, die sich schon sehr früh per Geruch ankündigten.

Das einzig brauchbare Fotomotiv war eine mächtige Kirche in einem namenlosen kleinen Dorf.

Gegen Mittag erreichte ich Verden an der Aller, von wo aus mein Weg sich in einer steilen Nordostkurve in Richtung Elbe vom Weserradweg verabschiedete. Das Städtchen hat mich auch nicht aus meiner Gedankentiefe herausgeholt.

Im Verlaufe des Nachmittags änderte sich mit dem Erscheinen der Sonne meine Stimmung schlagartig, was sich sofort in Tempo und zurückgelegter Strecke bemerkbar machte.

Gegen 18:30 Uhr war Schluß hier in Harsefeld, ca. 15 km vor Stade und ich bin in dem netten Gasthof Meyer rustikal aber ordentlich untergebracht.

Wer weiß wenn ich bis Stade gefahren wäre, ob mich dort nicht die Halma- oder Trivial Pursuit-Meisterschaften bei der Quartierfrage eingeholt hätten.

Morgen rolle ich dann elbabwärts um nach Glückstadt mit der Fähre überzusetzen. Samstag und Sonntag lasse ich es locker angehen, bis Kiel sind es noch rund 150 km und das Schiff nach Göteborg geht abends um 18:45 Uhr. Also alle Zeit der Welt.