Category: 2014 PATAGONIEN


107. Etappe – Río Grande – Tolhuin 89 km – 580 hm / Gesamt-Km: 2337

Ein luxuriöser Start in den Tag. Dusche und Frühstück im Hotel. Strahlender Sonnenschein und kräftiger Wind begleiten uns aus Río Grande hinaus. Die ersten zehn Kilometer sind heftig, dann haben wir erstmal den Wind von hinten.

Entlang der Atlantikküste sausen wir nach Süden. Ich fahre etliche Kilometer mit Michelle zusammen, der schnellsten Frau im Feld und sie erzählt mir eine ganze Menge von sich.

Nach dem Mittagessen – bis dahin war das letzte Timing – fahre ich alleine weiter. Michelle und Joost überholen mich später. Wir fahren durch ein interessantes Flusstal , allerdings stresst der Wind, so dass es wieder mehr Kampf als Spaß ist.

Ich sehe die beiden lange Zeit nebeneinander etwa einen Kilometer vor mir fahren. Als ich über eine Kuppe komme sehe ich plötzlich eine ziemliche Staubwolke voraus und denke mir noch, das sieht komisch aus.

Kurze Zeit später bin ich vor Ort. Michelle ist von einem Auto von hinten angefahren worden. Ihr Rad ist nur noch Schrott. Sie sitzt als „Häufchen Elend“ am Straßenrand, es scheint aber keine wirklich ernsten Verletzungen zu geben.

Ich bitte einen Pick-Up- Fahrer sie mit ihrem Rad einzuladen. Joost fährt noch auf 100% und ich schlage ihm vor weiterzufahren, während ich bei Michelle bleibe. Wir packen mein Rad auch auf den Pick-Up und das argentinische Paar fährt uns die 25 km nach Tolhuin.

Am Ortseingang melden wir den Unfall an der Polizeistation und fahren weiter zu einer kleinen medizinischen Station, wo Michelle versorgt wird. Die Röntgenaufnahmen zeigen keine Brüche. Ich bleibe bei ihr und versuche sie zu trösten bis Annelot unsere Medizinassistentin von der Strecke geholt wird.

Das Resümee – Glück im Unglück für Michelle – allerdings wird sie nicht auf dem Rad in Ushuaia ankommen.

Diese Situation hat mich ziemlich runtergezogen. Ich habe in der berühmten Panaderia in Tolhuin erstmal einen Kaffee getrunken und bin die ca. 4 km zum Campingplatz am Lago Fagnano gefahren.

Logisch dass der Unfall unseren vorletzten Abend bestimmt hat. Ich hoffe sehr dass Michelle, das alles auf die Reihe kriegt. Sie hat von Ushaia aus noch einen zweiwöchigen Trip in die Antarktis gebucht. Die Aussie-Mädels sind tough, sie kriegt das bestimmt auf die Reihe.

Fazit des Tages: Freud und Leid liegen sehr nahe beieinander.

Morgen geht es auf die letzten 100 km nach Ushuaia.

 

Ruhetag in Río Grande

Sehr entspanntes Abendessen in einer kleinen Gruppe in einem Restaurant in der Nähe unseres Hotels.

Heute Morgen war Ausschlafen angesagt und in aller Ruhe Frühstücken. Río Grande ist zwar die Provinzhauptstadt aber nicht wirklich prickelnd. Es pfeift – mitten im Sommer – ein eiskalter Wind um die Häuser.

Der Tag wurde von den meisten rund um unser Hotel verbummelt. Den ein oder anderen Einkauf getätigt, noch offene Korrespondenz erledigt etc.
Am Abend bin ich mit Hardy und Alfred in gemütlicher deutscher Runde in einer Pizzeria zusammen gesessen. Jeder hat so seine Pläne für die Tage nach Ushuaia. Hardy geht über Weihnachten noch nach Uruguay und kurz vor dem Jahreswechsel zurück. Alfred und ich fliegen zusammen nach Buenos Aires und werden den 17.12. dort gemeinsam verbringen. Alfred fliegt einen Tag nach mir nach Hause.

 

Etappe 105 + 106 – Tierra del Fuego – Río Grande

148 km – 1300 hm / Gesamt: 2248 km

Mit dem Meeresrauschen bin ich eingeschlafen und kurz nach Mitternacht durch das Prasseln des Regens auf meinem Zeltdach wieder aufgewacht.

Irgendwann muss es aufgehört haben und auch der böige Wind war am Morgen zunächst friedlich. Rechtzeitig zu unserem Frühstück im Freien – bei unserem letzten Bushcamp – hat es wieder angefangen zu regnen.

Um 8 Uhr starteten wir in den Tag der Doppeletappe. Der Regen hielt sich später in Grenzen, so dass ich nach 15 km meine Überhose wieder ausziehen konnte.

Rund 60 km waren es bis zum chilenischen Grenzposten. Unsere Fahrtrichtung bescherte uns den Wind gottseidank meist von hinten und von der Seite, so daß es trotz der „Dirt Road“ gut voranging. Zum letzten Mal aus Chile hinaus und 14 km später wieder nach Argentinien hinein. Beide Grenzprozeduren waren erfreulich kurz und wenig bürokratisch.

In Argentinien ging es auf die RN 3, der Hauptverbindung in der argentinischen Provinz Tierra de Fuego, mit ordentlichem Asphalt. Einige Passagen lang war der Wind auch mal gegen uns aber ohne echte Probleme.

Gegen 15 Uhr war ich in Rio Grande, der Provinzhauptstadt mit rund 50' Einwohnern, an unserem Hotel Atlantide. Das Hotel hat schon bessere Tage gesehen, aber für die beiden Nächte okay. Ich teile mir ein Zimmer mit Barry, einem sympathischen Australier.

Noch einmal die Wäsche in die Lavanderia und nur noch relaxen. Morgen muss ich mich mal um mein Fahrrad kümmern. Die Federgabel „schlägt durch“, ich hoffe dass einer der Mitstreiter eine Pumpe dafür mit sich führt.

 

Etappe 104 – Punta Arenas – Tierra del Fuego / Bushcamp

87 km – 800 hm / Gesamt: 2100 km

Kurz nach 7 Uhr verlassen wir unser gastliches Hostal de la Avenida in Punta Arenas. Ein Taxi bringt unser Gepäck zu den Trucks und Alfred und ich radeln gemütlich hinterher.

Nur mal zum Vergleich, so sah es am Eingang des Hostals aus, welches Bike Dreams für uns gebucht hatte !

Um 9 Uhr gehen wir auf die Fähre hinüber nach Tierra del Fuego / Feuerland, irgendwie beeindruckt mich das mächtig, dass ich jetzt tatsächlich kurz vor dem Ende der Welt bin.

Nach gemütlicher Überfahrt (2 1/2 h) rollen wir nach Porvenir, dem Küstenort und von dort auf eine verhältnismäßig gute „Gravel Road“.

Rund 75 km fahren wir bei gutem Wetter – meist windunterstützt – immer an der Küste entlang auf der Y 71 in Richtung der argentinischen Grenze bei San Sebastian.

Zum letzten Mal ein Bushcamp mit Blick auf die Magellanstraße.

Morgen fassen wir zwei Etappen zusammen, das werden anspruchsvolle 150 km, knapp die Hälfte „unpaved“. Die Belohnung sind zwei Nächte im Hotel in Rio Grande, mit einem Ruhetag am Freitag, bevor es dann auf die letzten 200 km nach Ushuaia geht.

Die Stimmung im Team ist sehr gut, alle sind mit ihren Gedanken schon bei den Rückreiseplänen. Das kann ich gut verstehen, nach 4 1/2 Monaten. Auch ich freue mich schon jetzt auf den Heimweg – jeweils ein ganzer Tag noch Ushuaia und Buenos Aires gewidmet – diverse Transfers und am 18.12. Nachmittags sitze ich im Lufthansa- Flieger 511 nach Frankfurt – zurück in die Zivilisation und zu meiner Frau Marion.

 

Ruhetag

Punta Arenas ist eine Stadt im äußersten Süden Chiles. Sie ist die Hauptstadt der chilenischen Region XII. Magallanes y de la Antártica Chilena. Sie liegt am chilenischen Festland gegenüber der Insel Feuerland und hat rund 100.000 Enwohner.

Wie wichtig einem alltägliche Dinge sein können ? Eine heiße Dusche und ein warmes Bett mit Kissen und Decken. Beides habe ich ausgiebig genossen gestern und heute morgen bis 8 Uhr geschlafen. Mit unserem Hostal haben wir einen Glücksgriff getan – ein tolles Frühstück und reizende Leute.

Nächster wichtiger Punkt war die Wäsche zur Lavanderia zu bringen. Alles nochmal klarmachen für die letzten Tage auf dem Rad.

Auf dem Kartenausschnitt ist unsere verbleibende Route nachzuvollziehen. Morgen geht es mit der Fähre nach Feuerland – das klingt magisch – Tierra del Fuego !!!. Noch einmal ein Bushcamp. Donnerstag werden zwei Etappen zusammengelegt, da irgendwie Quartierprobleme bestehen – Ziel Rio Grande. Dort am Freitag noch ein Ruhetag. Samstag nach Tolhuin und Sonntag ans Ende der Welt – Ushuaia !!!

Nachzutragen am Ruhetag ist auch noch der Kondor, den wir an den Torres del Paine gesehen haben. Ich konnte ihn leider nicht fotografieren und habe ihn mir heute von Michelles Blog „geklaut“. Der größte lebende Vogel auf unserer Erde !

Wer sich für die Erlebnisse anderer Teilnehmer am Andes-Trail interessiert, dem empfehle ich auf der Webseite von Bike-Dreams die verlinkten Blogs. Insbesondere die Blogs von Alfred und Hardy – den beiden anderen Deutschen – sind sehr lesenswert.

 

Tagsüber ein Bummel durch Punta Arenas mit einem Besuch auf dem berühmten Cementerio Municipal. Durch die Zypressengassen zu gehen und die Inschriften auf den Grabsteinen und Mausoleen zu lesen ist wie das Blättern im Geschichtsbuch der Besiedlung dieser entlegenen Ecke auf unserem Planeten.

Auf der Plaza de Armas steht ein Denkmal für Fernando de Magallanes. Beim Berühren des goldenen Fußes des Eingeborenen gedachte Wünsche gehen in Erfüllung. Mal sehen.

Während unseres Foto-Shootings konnten wir noch ein Interview für das chilenische Fernsehen geben.
Der Rest des Tages dient jetzt der ausschließlichen Erholung und einem leckeren Abendessen.
Zu guter Letzt noch für heute, die Information, dass es auch in Chile auf Weihnachten zu geht.