Category: ARCHIV RADTOUREN


Columbus-Belmont Campground. Erzwungener Ruhetag

Sehr unangenehme Überraschung heute morgen – ich kann nicht weiter fahren.

Vermutlich ist mein Freilauf kaputt – was sich gestern schon angedeutet hat. Ich kann pedalieren – bekomme aber keinen Antrieb.

Bleibe heute – Sonntag – hier auf diesem tollen Campground – Bill wird mich morgen nach Dyersburg in Tennessee oder nach Paducah KY fahren – wo es mehrere BikeShops gibt. Hoffe auf eine fachkundige Lösung für die Weiterfahrt.

Soweit – so gut – das tolle ist, dass dieser CG durchaus einen Ruhetag wert ist – werde später eine kleine Wanderung in diesem schönen Gelände machen.

Ich werde von drei Paaren aus Sikeston MO zum Frühstück eingeladen – alle in etwa auch in meinem Alter. Wir haben eine angeregte Konversation – sie beten für mich und meine Reise und machen mir ein großzügiges materielles Geschenk, welches ich nicht ablehnen kann. Sie verlassen den CG nachher. Ich bin voller Dankbarkeit und wir verabschieden uns als Freunde.

Schaue mir den Park bei einer kleinen Wanderung näher an und habe einen großartigen Blick auf diesen gigantischen Fluß.

Es ist wirklich ganz interessant, was in Columbus im Sezessionskrieg passiert ist. Auch in der Geschichte der Cherokees ist dies ein wichtiger Platz auf ihrem „Trail of Tears“ gewesen.

Der Camp Host lädt mich wieder zum Essen und auf einen Bourbon ein – wir besprechen die Fahrt morgen nach Paducah – wenn sich das Problem schnell lösen lässt, fahre ich mit ihm zurück. Ansonsten werde ich wohl eine Nacht in Paducah bleiben. Das ist rund 50 Meilen nach Nordosten – verlängert meine Anreise nach Memphis um mindestens einen Tag.

Und so klingt der Abend aus.

Cape Girardeau MO – Columbus Belmont State Park KY – 98 km Gesamt: 1620 km

War ein super Aufenthalt bei Tom Neumeyer. Mein Frühstück im Diner um die Ecke darf ich nicht bezahlen – wird von einer Männerrunde gesponsert.

Ich bin um 7:00 Uhr schon auf der Straße – verlasse Missouri über erneut eine sehr große Brücke – gut zu fahren so früh am Samstagmorgen.

Die ersten zwei Stunden fliegen auf sehr ruhigen Countryroads nur so dahin. Stoppe kurz bei einer Begegnung mit einem Rennradfahrer (Name nicht gemerkt).

Auf dem Weg nach Cairo wird es wieder sehr heiß – Cairo, da wollten Huck Finn und Tom Sawyer hin – für ein besseres Leben. Heute ist es ein ziemlich trauriger Ort. Ich zeige Euch mal ein paar Bilder dazu.

Hier fließt der Ohio River mit dem MR zusammen. Ich muß auf einer äußerst engen Brücke über den Ohio River – geschätzt 2 km. Im Internet wird empfohlen sich shutteln zu lassen oder auch die Polizei um „escort“ zu bitten.

Beides ist gerade nicht verfügbar – was habe ich gelernt – meine Spur so zu besetzen, dass ich nur über die Gegenfahrbahn passiert werden kann. Ziehe schon eine Schlange hinter mir her – aber es wird nicht gehupt. Ist ja nicht die erste „Monsterbrücke“ in meiner Radler-Laufbahn. Konnte leider nicht stoppen für ein Foto, da hätten sie mich gelyncht.

Nach der Brücke bin ich in Kentucky – Staat Nr. 6 auf der Tour. Bald geht es auf relativ ruhigen Straßen die letzten 20 Meilen zum Columbus-Belmont State Park (der Ort spielt eine Rolle im Civil War – bei Interesse bitte googeln).

Der Camp Host Bill ist super nett – wir fahren mit dem Cart – ich darf mir einen Platz aussuchen und darf nichts dafür bezahlen.

Am Abend muss ich unbedingt einen Bourbon mit ihm trinken und einen Hamburger essen – so ist das in Kentucky.

War ein heißer und anstrengender Radtag – nach einer Woche klappt es wieder mit Camping – und echt super.

Chester IL – Cape Girardeau MO —> 91 km Gesamt: 1522 km

Gut ausgeruht starte ich in einen Tag der wieder hohe 30 Grad Temperaturen verspricht.

Die ersten Meilen durch Chester und über die enge MR-Brücke ist sehr viel Verkehr. Die Brücke ist knapp einen Kilometer lang und ich setze mich einfach mittig auf meine Fahrspur. Geduldig und ohne Hupen folgen mir die Fahrzeuge.

Relativ flott geht es bis Perryville – leider bekomme ich unterwegs eine Absage von meiner Warmshowers-Anfrage. Beim Frühstück in Perryville checke ich meine Optionen und finde bei AirBnB ein ansprechendes Angebot.

Zehn Minuten später ist alles unter Dach und Fach. Tom Neumeyer wird mein Gastgeber in Cape Girardeau heute Abend sein. Dazwischen liegen noch rund 60km und ca. 600 Höhenmeter durch das sehr wellige Farmland hier in Missouri.

Irgendwann bei einer Abfahrt macht mein Hinterrad merkwürdige Geräusche. Ich suche mir ein schattiges Plätzchen vor einem Haus und baue das Hinterrad aus. Anscheinend hatte ich beim Plattenflicken vorgestern, das Rad nicht sauber eingesetzt. Habe erstmal dreckige Hände – aber das Problem ist gelöst.

Es ist mächtig heiß und so bin ich ziemlich glücklich als ca. 20 km vor dem Ziel ein schönes mexikanisches Restaurant auftaucht. Ein kleiner Salat und ein großes Bier – das amerikanische Lightbeer ist wie ein Sportgetränk.

Es stehen tolle Häuser im Einzugsbereich von Cape Girardeau. Die Stadt ist bekannt für ihre „murals“ entlang des MR.

In Cape Girardeau angekommen empfängt mich Tom in seinem über 100 Jahre alten Haus. Sehr gute Entscheidung – schönes Zimmer – netter Host.

Heute habe ich Lust auf ein gutes Steak – das muss dann auch sein. Später gehe ich mit Tom noch zu einem kleinen „Open air“ in der Nachbarschaft.

Festus MO – Chester IL —> 87 km Gesamt: 1431 km

Heute gibt es eigentlich nichts zu berichten – oder vielleicht doch.

Überraschung Nr. 1 war ein wirklich nettes Restaurant/Café in Bloomsdale „The Kozy“ – habe mir glatt nach 35 km ein „zweites Frühstück“ gegönnt.

Überraschung Nr. 2 war das schöne Örtchen Ste. Genevieve – da hatte ich 50 km und über 500 Höhenmeter auf der Uhr. Habe mir eine längere Pause gegönnt.

Einige Kilometer später habe ich zum ersten Mal den MR per Fähre überquert – also wieder in Illinois.

Überraschung Nr. 3 war dann nach der Fähre mein Garmin-Track, der mich 5 km auf eine sehr staubige Gravel-Road führte.

Irgendwie habe ich wohl einen Fehler gemacht, jedenfalls kam ich zwischen zwei Railroad-Tracks und konnte diese wegen eines stehenden Zuges nicht überqueren.

Habe den Blauen Elefanten fast eine Stunde durch platte Maisfelder geschoben – inclusive der Querung eines ausgetrockneten Bachbettes. Also komplett Abpacken – die rund 50 Kilo eine ca. 2 Meter hohe Böschung rauf und runter.

Als ich die Straße endlich erreicht hatte, war ich restlos fertig – das ganze Nachmittags um 15 Uhr bei guten 33 Grad Celsius.

Der Plan war nahe Chester zu Campen – zwei Gründe waren letztlich ausschlaggebend den Plan zu ändern – beide möglichen CG ohne Dusche (bei total dreckigen Beinen) und aufkommende Gewitter.

Habe es vorgezogen – nach 87 km und über 700 hm – mich im Best Western am Rande von Chester einzuquartieren.

Überraschung Nr. 4 – ich konnte meine komplette Wäsche waschen – die freundliche Dame an der Rezeption erlaubte mir die Nutzung des Hoteltrockners.

Saint Louis MO – Festus MO —> 63 km Gesamt: 1344 km

Der Mai geht zu Ende, genau wie meine beiden Ruhetage in Saint Louis.

Ich frühstücke nochmal in dem netten Laden um die Ecke „Rooster“ und verlasse mein Apartment. War das perfekte AirBnB – super Lage, Einrichtung und Größe genau passend.

Es ist heute erstmals bewölkt und sieht nach Regen aus als ich im 9:30 Uhr starte. Ich will heute nur aus dem Ballungsgebiet von Saint Louis raus.

Traurig stimmt mich ein kleiner Abstecher in den Jefferson Barracks Park – eine Gedenkstätte zeigt dort u.a. Bilder von im Irak-Krieg gefallenen amerikanischen Soldatinnen und Soldaten.

Die ersten 30 km muss ich höllisch aufpassen, sehr viel Verkehr und irgendwie ein bisschen stressig.

Die Wolken hatten sich bald verzogen und es wurde ziemlich drückend – erstmals zeigen die großen Temperaturanzeigen über 90 Grad Fahrenheit an (ungefähr 33 Grad Celsius).

Ich peile für heute ein Hotel an und ca. 10 Meilen vor Festus – dem Zielort – knallt es an meinem Hinterrad und umgehend fängt das Rad zu schwimmen an. Der dritte Platten auf der Tour.

Wieder mal Glück im Unglück – nur wenige Meter auf der anderen Straßenseite ist eine Autowerkstatt – sie erlauben mir unter einem schattigen Unterstand den Platten zu flicken. Das Loch ist groß genug um es sofort zu finden. Idealerweise haben sie auch Druckluft, so dass die Geschichte ziemlich schnell erledigt ist. Ich muß natürlich alles Ab- und wieder Aufrödeln.

Die nächsten Meilen fahre ich mit ängstlichem Augenmerk, ob das Hinterrad hält. Es geht wieder ziemlich Auf und Ab, so daß am Ende des Tages knapp 600 Höhenmeter zusammenkommen.

Einkehrschwung in einen Comfort Inn, die Dinger sind zwar nicht sehr stylisch – aber praktisch. Klimaanlage, Dusche und ein gutes Bett, das ist ok für den Wiedereinstieg nach den Ruhetagen.